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Kunden wollen immer nur das eine. Das ist eine Grundregel, mit der Sie sich als Verkäufer auseinandersetzen sollten. Genauer: Die Kunden wollen einen persönlichen Nutzen aus Ihren Produkten oder Ihren Dienstleistungen ziehen. Darum interessieren sie sich für Ihr Angebot, und darum tun Sie als Verkäufer gut daran, statt „bloß“ toller Produkte einen echten Mehrwert für den Kunden anzubieten. Denn das alte Sprichwort „Der Kunde ist König“ gilt heute mehr denn je. Der Kunde ist wesentlich mündiger geworden und das Internet gibt ihm alle Möglichkeiten zur Hand, Angebote zu vergleichen und informierte Entscheidungen zu treffen. Hinzu kommt, dass wir heute unglaublich viele Me-Too-Produkte am Markt haben. Diese Angebotsbreite macht es dem einzelnen Hersteller schwer, mit seinen Produkten individuell hervorzustechen.

Mit anderen Worten, aus dem einstigen Verkäufer-Markt ist ein Käufer-Markt geworden: Der Kunde hat heute wesentlich mehr Macht und Bedeutung als der Hersteller. Das ist eine wesentliche Erkenntnis, die jeder Verkäufer berücksichtigen muss, wenn er erfolgreiche Verkaufsstrategien entwickeln will. König Kunde agiert, anstatt auf unsere Argumente zu reagieren. Ziel jeder erfolgreichen Verkaufstaktik muss es daher sein, dass der Kunde von sich aus die Entscheidung trifft: Ja, ich will dieses Produkt oder diese Dienstleistung kaufen. Und zwar, liebe Leser, genau Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung.

Den Bedarfs-Sack öffnen

Wie Sie dieses Ziel erreichen? Fakt ist zunächst, dass der Kunde nur kaufen wird, wofür er auch Bedarf hat. Für Sie als Verkäufer bedeutet das, dass es essentiell ist, diesen Bedarf in den Mittelpunkt zu stellen. Unerfahrene Verkäufer verabsäumen das bisweilen. Sie machen den Fehler, den Kunden mit Merkmalen oder Funktionen ihres Produkts zu überschütten und übersehen, dass alle diese Argumente an dem Kunden abprallen.
Bildlich gesprochen: Der Kunde bringt seinen individuellen Bedarfs-Sack mit, gefüllt mit Wünschen, Vorstellungen und handfesten Erwartungen. Dieser Sack ist zunächst verschlossen. Wir können ihn von außen mit unseren Argumenten beschießen. Klüger und zielführender ist es, den Sack erst zu öffnen und herauszufinden, welchen Bedarf unser Kunde hat. Denn dann können wir ihm in einem zweiten Schritt auch etwas hineinpacken: ein spezifisches Merkmal unseres Produkts, und viel wichtiger noch, einen individuellen Vorteil und Nutzen.

Im ersten Schritt geht es also darum, den Bedarf des Kunden zu ermitteln. Dabei nützt uns eine saubere Fragetechnik mit offenen Fragen: Worauf legen Sie, lieber Kunde, bei diesem Produkt, bei dieser Dienstleistung besonders Wert? Was wollen Sie mit dem Produkt machen? Der Kunde kann an dieser Stelle alles sagen, was ihm am Herzen liegt, und wir erhalten wertvolle Informationen, mit denen wir weiterarbeiten können. Diese Informationen verifizieren wir: „Lieber Kunde, wenn Sie sagen, Sie brauchen einen großen Kofferraum, dann bedeutet das, dass Sie darin sperrige Gegenstände transportieren wollen. Zum Beispiel Golfgepäck oder einen Kinderwagen.“ – „Ganz genau, so ist es.“ Dadurch fühlt sich der Kunde verstanden. Er wird zu Recht davon ausgehen, dass Sie ihm in der Folge auch ein passendes Angebot machen. Das heißt, allein durch die Bedarfsfrage wird der Kunde Sie als seriös und kompetent wahrnehmen und in seinem Kopf ein Häkchen setzen: „Hier werde ich vernünftig beraten.“

Sog statt Druck: Den Nutzen für den Kunden betonen

Indem Sie danach fragen, was sich Ihr Kunde von dem Produkt erwartet, finden Sie auch noch etwas anderes heraus. Explizit oder implizit verrät Ihnen der Kunde nämlich sein Kaufmotiv: Was will er mit dem Produkt, welches Ziel verfolgt er? Da gibt es schließlich große Unterschiede. Der eine kauft sich vielleicht einen Porsche, damit sich die Mädchen in seinem Block nach ihm umdrehen. Ein anderer spult tagtäglich viele Kilometer im Auto ab und will auf der Autobahn einfach schnell und komfortabel vorankommen.
Das Kaufmotiv Ihres Kunden ist der entscheidende Schlüssel für Ihre weitere Argumentation. Denn wenn es Ihnen gelingt, dem Kunden eine Lösung anzubieten,

ein Produkt, das seinen Bedarf genau deckt – dann erzeugen Sie einen Sog, einen positiven Anreiz. Und das ist wesentlich wirkungsvoller, als den Kunden mit einer Reihe von Argumenten unter Druck zu setzen, wie es unerfahrene Verkäufer manchmal tun.

Erfolgsstrategie: Jedes Merkmal in Vorteil und Nutzen übersetzen

Anstatt also dieses und jenes Merkmal ihres Produkts anzupreisen, wenden erfolgreiche Verkäufer eine bessere Strategie an. Denn was den Kunden in erster Linie interessiert, ist sein persönlicher Vorteil und der Nutzen, den er aus einem Produkt oder einer Dienstleistung zieht. Die besonderen Funktionen und Merkmale des Produkts sind für ihn zweitrangig. Als Verkäufer muss Ihnen daher Folgendes gelingen: jedes relevante Merkmal des Produkts in einen Vorteil und einen Nutzen zu übersetzen.

Was ist nun der Unterschied zwischen Merkmal, Vorteil und Nutzen? Ein Merkmal ist einfach eine charakteristische Funktion eines Produkts. Beispielsweise ist der Verbrauch eines Autos ein typisches Merkmal: Dieses Auto verbraucht auf 100 Kilometer nur 4 Liter. Das mag interessant sein, zumindest für Sie als Verkäufer. Für den Kunden ist spannender, welchen Vorteil er dadurch hat. Ein Vorteil für ihn ist etwa, dass er seltener Sprit tanken muss und sich damit jede Menge Geld erspart. Das heißt, ein Vorteil ist die konkrete Auswirkung eines Merkmals. Sie können das dem Kunden gegenüber so ausdrücken: „Produkt XY hat dieses und jenes Merkmal, und das bedeutet für Sie: …“
Was den Kunden nun in erster Linie interessiert, das ist der Nutzen des Produkts. Der Nutzen ist die konkrete Auswirkung des Vorteils. Er zeichnet sich dadurch aus, dass er absolut individuell ist, absolut spezifisch für genau diesen Kunden. Daher ist es auch so wichtig, Fragen zu stellen. Denn den individuellen Nutzen herauszustreichen („Dieser Vorteil bewirkt für Sie: …“) – das, liebe Leser, ist die hohe Kunst des Verkaufs.

Eine positive Vision aufbauen

In meinen Seminaren illustriere ich den Unterschied zwischen Merkmal, Vorteil und Nutzen oft an folgendem Beispiel. Nehmen wir an, eine junge Frau betritt ein Autohaus und sagt: „Schönen guten Tag, ich würde gerne ein Auto kaufen.“ – Der Verkäufer, bereits geschult in der Bedarfsfrage, antwortet: „Schön, dass Sie hier sind. Worauf legen Sie denn besonders Wert, damit ich Ihnen das passende Auto anbieten kann?“ – „Wissen Sie, ich habe nur 10.000 Euro. Maximal 10.000 Euro darf es kosten, und der Verbrauch ist mir wichtig, es soll möglichst wenig verbrauchen. Denn die Spritkosten sind ja heute ganz schön hoch.“ Der Verkäufer sagt nun zu ihr: „Dann nehmen Sie doch den VW up. Der kostet nur 9.990 Euro und verbraucht 3 Liter auf 100 Kilometer. Das ist das Auto für Sie.“ Die Frau verabschiedet sich und geht, und der Merkmals-Verkäufer hat vermutlich seine Chance verpasst.
Denn die junge Frau betritt ein anderes Autohaus. Dort wiederholt sie ihren Wunsch, und der Verkäufer entgegnet ihr: „Wissen Sie, ich habe für Sie hier diesen VW up. Der kostet nur 10.000 Euro. Das bedeutet für Sie, Sie brauchen keinen Kredit aufzunehmen. Und wissen Sie was? Der verbraucht auch nur 3 Liter auf 100 Kilometer. Das bedeutet für Sie, Sie werden wesentlich weniger Geld fürs Tanken ausgeben.“ Das war nun der Vorteils-Verkäufer. Die junge Frau bedankt sich, geht und sucht einen anderen Händler auf.
Dort begegnet sie dem Nutzen-Verkäufer, der ihr folgendes Angebot macht: „Ich verstehe. Und nun sagen Sie mal, falls ich so ein Auto für Sie habe, mit dem Sie im Budget bleiben und dann auch noch durch die niedrigen Spritkosten viel Geld sparen: Was würden Sie denn mit dem Geld machen?“ Da sagt nun die Frau: „Wissen Sie, ich habe eine kleine Tochter. Mein Budget ist so knapp, dass wir seit 10 Jahren nicht mehr im Urlaub waren. Falls Sie es wirklich schaffen, dass ich Geld einsparen kann, dann würde ich gern mit meiner Tochter in die Türkei fahren. Das wäre mein Traum.“ – Der Verkäufer: „In Ordnung, ich glaube, ich kann Ihren Traum erfüllen. Ich habe diesen VW up für Sie. Er kostet 9.990 Euro. Sie bleiben also in Ihrem Budget, und außerdem: Dieser VW up verbraucht nur 3 Liter. Im Gegensatz zu einem normalen Auto, das etwa 8 Liter braucht, sparen Sie also 5 Liter. Und das bedeutet, bei der Anzahl an Kilometern, die Sie im Jahr zurücklegen, ersparen Sie sich 2.000 Euro an Spritkosten. Damit können Sie gern in Urlaub fahren.“ – Wo, denken Sie, wird die junge Frau ihr Auto kaufen?

Dieses Beispiel zeigt uns: Ein Nutzen-Verkäufer muss zunächst herausfinden, was die wahren Beweggründe seines Kunden sind, seine ganz individuellen Gründe. Nur so kann er eine positive Vision aufbauen, kann er den Kunden mit einer echten Lösung überzeugen.
Wer Abschlüsse ernten will, muss also Nutzen säen. Das ist eine Grundregel, die Nutzen-, Lösungs- oder Visions-Verkäufer – mit einem Wort: erfolgreiche Verkäufer – zu verinnerlichen haben.

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