Gute Verkäufer sind wie Chamäleons:

Sie passen sich an, und zwar an die Persönlichkeit ihres Gesprächspartners. Diese Fähigkeit beruht auf Empathie. Wer empathisch ist, vermittelt Wertschätzung und baut Vertrauen auf – Grundvoraussetzungen, um Kunden langfristig an sich zu binden.

Zum Chamäleon kann man geboren sein, das sind die seltenen Verkäufer-Genies, die intuitiv in jeder Situation den richtigen Ton treffen. Für die meisten von uns gilt: Man kann die Kunst des Farbwechsels ebenso gut auch erlernen.

Ein Werkzeug, das Ihnen dabei behilflich ist, stelle ich Ihnen in diesem Blogbeitrag vor: das DISG-Modell. Die vier Grundtypen des DISG-Modells bezeichnen Persönlichkeiten, wie sie uns im Alltag und im Geschäftsleben immer wieder begegnen. Lernen Sie anhand der DISG-Typen, Ihre Mitmenschen besser einzuschätzen – und entwickeln Sie auf dieser Basis noch effektivere Gesprächsstrategien.

Farbenlehre nach dem DISG-Modell

Persönlichkeitsmodelle gibt es ja viele. Ich persönlich arbeite gerne mit dem DISG-Modell, weil es besonders einprägsam ist. Seine vier Grundtypen – man nennt sie dominant, initiativ, stetig und gewissenhaft – kann man auch den Farben Rot, Gelb, Grün und Blau zuordnen.
Selbstverständlich ist so ein Modell immer eine Vereinfachung. In freier Wildbahn begegnen uns selten die „reinen“ Typen, meistens haben wir es mit einer Kombination aus zwei oder mehreren Farben zu tun. Für die Praxis reicht es vollkommen, wenn Sie bei Ihrem Gesprächspartner wichtige Grundtendenzen erkennen. Sie können ihm dann spezielle Argumente liefern, die er braucht, und Strategien vermeiden, die Stress erzeugen. Sehen wir uns die vier Grundtypen des DISG-Modells nun genauer an.

Erdgrün oder: Sind Sie auch vertrauenswürdig?

Den stetigen oder erdgrünen Typus nenne ich auch den konservativen Bewahrer. Er begegnet uns besonders häufig bei Einkäufern, die heute in ihren 50ern stehen, die also schon 20 Jahre oder mehr im Geschäft sind. Diese Menschen sind ruhig, freundlich und abwartend, können sehr gut auf andere Menschen eingehen, wirken entspannt, sachlich und hören zu. Falls Sie nun glauben, Sie haben diesen „netten Typen“ in der Tasche, könnten Sie sich zu früh gefreut haben. Denn wie gesagt: Diese Menschen sind Bewahrer. Mit Veränderungen tun sie sich schwer, sie haben ihre langjährigen Beziehungen, sie haben feste Lieferanten und wenig Bereitschaft zu wechseln.
Das heißt in der Schlussfolgerung für Sie als Verkäufer: Sie müssen diesen Menschen so beeinflussen, dass er auf Dauer seine Meinung ändert. Der Sieben-Schritte-Plan, den ich an anderer Stelle bereits beschrieben habe, ist bei dem erdgrünen Typus besonders effektiv, denn im Kern geht es bei diesem Plan darum, Vertrauen aufzubauen. Und genau das ist diesem Menschen wichtig: Er will wissen, ob Sie menschlich in Ordnung sind oder bloß so ein aalglatter, zwielichtiger Verkäufertypus. Ein paar Tipps: Liefern Sie ihm ausreichend Hintergrundinformation und vermeiden Sie es, sofortige Entscheidungen zu verlangen. Geben Sie ihm gegenüber etwas Persönliches von sich preis und geben Sie gerne auch Schwächen zu. Denn Selbstoffenbarung schafft Vertrauen und Verbindlichkeit.

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Eisblau oder: Haben Sie das TÜV-Gutachten dabei?

Ganz anders die jungen Betriebswirte, die heute von den Universitäten in die großen Firmen drängen und dort als Einkäufer eingesetzt werden: Hier begegnet uns häufig der gewissenhafte oder eisblaue Typus. Diese Menschen sind sehr starke Analytiker. Sie sind vorsichtig, formal, abwägend und können bisweilen kühl wirken. Falls Sie als Verkäufer nun denken, dieser Mensch sei ablehnend: Er ist bloß distanziert, er will seine beruflichen Ziele von seiner Persönlichkeit trennen. Und das ist in Ordnung, Sie müssen damit einfach entsprechend umzugehen wissen.
Konkret bedeutet das, dass Sie ihm – anstatt aufwändig Vertrauen aufzubauen – besser Fakten liefern und ihm Hintergrundinformation geben, die er braucht, um seine Entscheidungen zu treffen. Stress entsteht bei diesem Menschen, wenn Sie versuchen, eine persönliche Beziehung herzustellen. Das heißt also: Ganz anders als beim erdgrünen Typus sollten Sie es vermeiden, den Eisblauen über seinen letzten Urlaub oder seine Hobbys auszufragen. Damit werden Sie Schiffbruch erleiden. Besser verhalten Sie sich ebenso distanziert und bleiben auf der Sachebene.

Feuerrot oder: Nun reden Sie mal Klartext!

Die eben genannten Charaktere, den erdgrünen und den eisblauen Typus, findet man sehr häufig im Einkauf. Als Verkäufer haben Sie es oft zusätzlich noch mit dem Geschäftsführer zu tun, der die Zusammenarbeit mit einem Lieferanten überhaupt erst genehmigt. Hier, in den Führungsetagen, begegnet uns häufig der dominante oder feuerrote Typus. Diese Menschen sind fordernd, willensstark und äußerst ziel- und praxisorientiert. Sie wissen genau, was sie wollen, im Verkauf sind sie geborene „Hard-Seller“. Hier gilt: Vermeiden Sie es, die Zeit Ihres Gesprächspartners zu verschwenden oder unentschlossen aufzutreten, sondern sprechen Sie Klartext. Machen Sie ihn glücklich, indem Sie ihm konkrete Ziele und konkrete Ergebnisse liefern. Setzen Sie Fristen. Und bleiben Sie dabei ganz locker und entspannt.

Sonnengelb oder: Ich habe da was ganz Tolles für Sie!

Kommen wir schließlich zum vierten Typus des DISG-Modells, dem initiativen oder sonnengelben Charakter. Das ist der geborene Verkäufer-Typ. Er ist enthusiastisch, umgänglich, äußerst redegewandt und überzeugend. Außerdem vermittelt er seinem Gesprächspartner das Gefühl, viel Fachwissen zu haben – oft auch ohne soliden Hintergrund. Er versteht es buchstäblich, Ihnen die Sonne vom Himmel zu holen, selbst wenn sie sich gerade versteckt – alles Fähigkeiten, die man als Verkäufer benötigt. Stress entsteht bei diesem Menschen, wenn er sich in seiner Flexibilität und Spontaneität gebremst sieht oder zu geringe Einflussmöglichkeiten wahrnimmt. Wichtig im Umgang mit dem sonnengelben Typus ist daher die volle Anerkennung seiner Person: Teilen Sie seinen Enthusiasmus und beziehen Sie ihn in Ihre Argumentation mit ein.

Das DISG-Modell in der Praxis: Nutzen Sie die Chance, positive Emotionen zu wecken!

Es ist Ihnen wahrscheinlich schon aufgefallen: Egal mit welchem Typus Sie es zu tun haben, der Weg zum Erfolg führt immer über die Anpassung an die Persönlichkeit Ihres Gesprächspartners. Dieses „Spiegeln“, im Englischen nennt man es Pacing, ist genau jene Fähigkeit, die ich eingangs als Strategie des Chamäleons bezeichnet habe. Zugrunde liegt ihr die Fähigkeit zur Empathie, also Einfühlungsvermögen.

Und genau das ist es, was Sie als Verkäufer erfolgreich macht: Indem Sie die Persönlichkeit Ihres Kunden zu verstehen lernen, schaffen Sie es, ganz individuell auf Ihren Gesprächspartner einzugehen. Dadurch vermitteln Sie ihm ein positives Gefühl, denn wir alle schätzen es, uns akzeptiert und in unserem Weltbild bestätigt zu fühlen. Und Sie wissen ja: Im Verkauf geht es zu 80 Prozent um persönliche Faktoren, um Emotionen, die Fakten treten darüber häufig in den Hintergrund. Ihr Kunde wird also viel wohlwollender mit Ihnen zusammenarbeiten, wenn Sie es schaffen, in ihm positive Emotionen zu wecken, ihn zu begeistern. Genau dabei ist Ihnen das DISG-Modell behilflich.

Im Reisebüro mit den 4 DISG-Typen

Was Sie lernen müssen, ist also, innerhalb weniger Minuten die Persönlichkeit Ihres Gesprächspartners grob einzuschätzen – und sich dann entsprechend darauf einzustellen. In meinen Seminaren mache ich dazu häufig eine Übung: Wir spielen Reisebüro. Dort gibt es einen Verkäufer, und es kommen unterschiedlichen Kunden herein. Da sagt einer zum Beispiel: „Guten Tag, mein Name ist Albers. Ich hätte gern eine Reise nach Mallorca, am 21.10. will ich abreisen, möglichst früh um 8:00 Uhr, und an diesem Tag zu jener Zeit will ich wieder zurück sein. Was kostet das und wann kann ich die Reise buchen?“ – Sie ahnen es vielleicht: Dieser Kunde ist der feuerrote Typus. Er weiß genau, was er will, und macht klare Ansagen.
Dann kommt ein anderer herein: „Ja, ich will gerne mal wieder in die Sonne, Mallorca wäre schön. Da gibt es so tolle Strände und am Ballermann ist richtig was los. Das ist einfach richtig geil und man kann so viel unternehmen, wissen Sie?“ – So redet er ohne Punkt und Beistrich weiter. Wir haben es also mit einem Sonnengelben zu tun.
Wieder ein anderer kommt herein und wartet einfach ab. Da sagt der Verkäufer: „Sie möchten gerne reisen?“ – „Ja.“ – „Wohin denn?“ – „Nach Mallorca. Weil wir dort immer sind.“ – „Aha. Welches Hotel hätten Sie gern?“ – „Das ISIS Hotel. Weil wir dort immer sind.“ – „Aha. Haben Sie auch einen Zimmerwunsch?“ – „Ja, das Zimmer 509. Weil wir dort immer sind. Und da kann man so schön aufs Meer gucken.“ – An dieser Stelle lachen sich meine Seminarteilnehmer meistens kaputt. Ganz klar: Das ist ein Erdgrüner.
Nun fehlt nur noch der Eisblaue: „Ich möchte gerne nach Mallorca. Wie ist denn da die Wassertemperatur? Ist die auch über 20°C? Und die Zimmertemperaturen, kann ich die irgendwo sehen? Gibt es da Klimaanlagen in den Zimmern, kann ich die individuell einstellen? Und kann ich vielleicht die Speisekarte einsehen?“ – So arbeitet dieser Typus seinen Fragenkatalog ab.

Besser verkaufen mit dem DISG-Modell

Und nun als Fazit für Sie, liebe Leser: Egal ob Sie Reisen, Autos oder die Briefmarkensammlung Ihrer Großmutter verkaufen: Entscheidend ist, dass Sie einen Draht zur Persönlichkeit Ihres potenziellen Kunden finden und Begeisterung wecken. Mithilfe des DISG-Modells und mit ein wenig Übung gelingt Ihnen das spielend und Sie werden ein noch besserer Verkäufer.

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